Wikipedias Wilde Weiber

Als Frau in der Wikipedia sollte man sich bewusst sein… die Wikipedia ist kein Ponyhof. Natürlich, ich schreibe in Themenbereichen in denen man sich von Haus aus keine Freunde schafft… Der Bereich BDSM ist für Löschanträge prädestiniert und Bereiche wie Militärgeschichte und Wein sind doch eher männlich dominiert. Was könnte ich schon wissen, was die Männerwelt nicht weiß… ja, ist klar – ich bin selber schuld, was interessiere ich mich auch dafür und ich erwarte in diesem Zusammenhang auch kein Verständnis.

Aber was ich momentan wikipediaweit beobachte, ist eine Form unterschwelliger Diskriminierung von Frauen, die allgemein wortlos toleriert wird. Es werden Löschanträge auf Begriffe wie Göttin oder Kategorien wie Benutzerin gestellt… Themen aus dem Bereich der Gender Studies werden als Theoriefindung oder bestenfalls Blödsinn abgetan… and so on. Das tut mir, die ich in der Wikipedia oft dank meiner eigenen Themen oft ordentlich eine vor den Latz geknallt bekomme, richtig weh.

In der Wikipedia gibt es vermutlich tausende Artikel zu Pornosternchen… aber der Begriff Göttin hat keinen Platz? Hunderte von Eisenbahnstrecken zwischen Apfelbaum und nirgendwo sind in aller Detailverliebtheit beschrieben… aber wichtige, wenn auch idiotische feministische Theorien sollen verschwinden? Jedes Automodell ist inklusive Sonderausstattung vertreten, aber die Liste weiblicher Gottheiten soll gelöscht werden? Und jeden Tag werden es weniger Frauen, die Lust haben mitzuarbeiten.

Frauen machen nur 10 Prozent der Wikipedia aus und die Diskriminierung von Frauen ist ein Problem, dass die Wikipedia das Wertvollste kostet, das sie kennt – Wissen. Es sitzen hunderttausende interessierter gebildeter Frauen nach ihrem Studium zuhause und langweilen sich in ihrer Familienpause mit Richterin Salesch durch den Tag… sie hätten was beizutragen… und die Wikipedia ist nicht in der Lage ein Umfeld zu schaffen, dass diese Frauen anlockt und zur dauerhaften Mitarbeit motiviert. Statt dessen spielt mann gerne jeden Tag Kindergarten im Metabereich und übt weiterhin eine zum Teil grauenhafte Diskussionskultur, die viele Frauen nicht bereit sind hinzunehmen… sie gehen, samt ihrem Wissen.

Trotzdem, ich mag die Wikipedia und ich möchte mich bei all jenen Männern in der Wikipedia bedanken, die mich bestärken, hart aber fair diskutieren, mich als Autorin respektieren wie jeden anderen Mann, mich korrigieren, zum Lachen bringen und mir gelegentlich auch in den Popo treten. Einer von ihnen hat mit geraten: „Liebes, meld dich einfach unter einem Männernamen an und es wird alles viel einfacher für dich.“ Ich werde das nicht tun, jedenfalls noch nicht… Ich werde brav weiterhin mein kleines rosanes Fähnchen hochzuhalten und auf verlorenem Posten auf die durch und durch weibliche Kavallerie warten.

16 Gedanken zu “Wikipedias Wilde Weiber

  1. Wikipedia speichert Fakten – in der Theorie zumindest. Ich will da nicht lesen, dass die Größe des Eiffelturms beindruckend ist, sondern Meterangaben.
    Selbst ist die Frau. Ausserdem bleibt jeder Frau ungenommen, ein Projekt wie Wikipedia auf die Beine zu stellen – mit vielen subjektiven und fiktiven Themen. Aber hier happert es. Frauen haben bis heute nichts Bleibendes zustand gebracht. Auch dann nicht, wenn sie alle Möglichkeiten hatten. Z.B.: im letzten Jahrhundert gab es Ummenge an Frauen, die ein Instrument gespielt haben. Sie hatten fundierte musikalische Ausbildung und die nötige Zeit und auch das Kleingeld, um sich der Musik zu widmen. Nenne mir paar Musikerinnen aus dieser Zeit. Dagegen hatten die schwarzen Männer in den USA keine Zeit, kein Geld und auch keine musikalische Bildung gehabt und lebten obendrein in einem Staat, der sie per Gesetz diskriminierte. Sie mussten sich die eine Trompete in Block teilen und trotzdem hatten sie Jazz, Blues und vieles mehr der Nachwelt hinterlassen. Im Vergleich zu den weißen Frauen waren die schwarzen Männer wirklich diskriminiert. Oder willst du behaupten, dass die weißen Frauen mehr diskriminiert wurden?

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  2. Gute Güte, was lockst Du hier für Leser an? Wusste garnichts, dass es in der Wikipedia so zugeht, obwohl ich die Diskussionsseiten meist viel lieber lese als den eigentlichen Artikel.

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  3. Ach Sebastian… wenn ich schon lese was so Helden wie Eugen schreiben… „Frauen haben nichts Bleibendes zustande gebracht“… da hat jemand seine Wikipedia aber nicht sehr gründlich gelesen 😉

    Es geht hier keinesfalls um Vergleiche wie „Aber der ist doch viel mehr diskriminiert worden als ich, also gib mir mein Schäufelchen wieder“… es geht darum was die Wikipedia durch Leute wie Anonym und Eugen verliert.

    Und ich würde lügen, wenn ich behaupte nicht auch den Klatsch und Tratsch zu lesen ;-)… aber nebenher ab und zu mal einen „lesenswerten“ Artikel zu schreiben schadet ja auch nicht^^

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  4. Rosenzuechter

    Ja, „Anonym“ hat wirklich Klasse und Eugen wirklich Ahnung. Männer, Wikipedia und auch der Rest der Welt braucht genau euch, verschwendet eure wertvolle Zeit also nicht in so einem Blog. Ärmel hochgekrempelt und der Mama auf die Fresse gehauen – alleine weil sie ne Frau ist und eh keine Ahnung hat und zudem noch den Papa unter der Fuchtel hat und das ja per Definition nicht sein darf.

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  5. J.

    Es gibt sicherlich zu wenig Frauen bei Wikipedia. Ich denke jedoch nicht, dass der Grund für diese Diskrepanz darin liegt, dass der Artikel „Göttin“ gelöscht wurde, oder irgendeine Theorie, von der die Wenigsten je gehört haben. Das mag für die Einzelne ärgerlich sein, aber nur Einzelnen fällt es überhaupt auf.

    Die Diskussionskultur ist ätzend, genau das ist der Punkt. Aber als ehemaliger Wikipedianer männlichen Geschlechts möchte ich darauf hinweisen: das kotzt nicht nur Frauen an. Das Projektziel der Enzyklopädie-Erstellung, das neben der Sammlung und Vermittlung von Wissen auch eine Art definitorische Auslegung der Abstrakta Richtig und Falsch verspricht, hat offenkundig (und verständlicherweise) eine besonders hohe Anziehungskraft auf Klugscheißer aller Couleur. Und wie Klugscheißer nun mal so sind, zögern sie nicht, die Fachkundigkeit der Anderen in Zweifel zu ziehen, persönlich zu werden, zu beleidigen. Da ist es relativ egal, ob du grad eine Frau bist, die über Sexualthemen schreibt, oder ein „dummer Fan“ von Manga-Comics/Computerspielen/ausgefallenen Sportarten, oder einfach nur ein Neueinsteiger, der sich erdreistet, Verhaltensweisen von Alteingesessenen zu kritisieren, ohne je einen „Lesenwerten“ erstellt oder tausend Vandalen erschlagen zu haben.

    Ich hatte jedenfalls nie den Eindruck, „als Autor“ respektiert zu werden. Warum sollte es dir „als Autorin“ anders gehen? Um zu folgern, dass hier eine Form von Diskriminierung vorliegt, müsstest du auch zeigen, dass Männer ungleich besser behandelt werden, sonst ist die Schlussfolgerung voreilig.

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  6. Hi J.

    Natürlich muss es mir als Autorin nicht besser gehen als einem Mann… aber es ist eine Tatsache, dass ich nur meine Sicht als Frau beurteilen kann und das widerspiegle, was ich sehe und über was ich mich mit anderen Menschen unterhalte… kann (aus anatomischen Gründen^^) nur eine weibliche Ansicht sein.

    Das mich an diesem Tag, diese ganzen Weiber-LAs gestört haben und mir ein, zwei Damen erläutert haben, wieso sie keinen Bock auf den Wikipedia-Quatsch mehr haben ist vermutlich reiner Zufall. Wenn es Männern auch so geht, dann tut mir das nur noch mehr leid um die Diskussionskultur.

    Das Frauen in einem Artikel über Feminismus das generische Maskulinum nicht immer witzig finden… oder nicht sooo gerne das Wort Göttin unter Gott subsumiert sehen möchten… das ist wieder etwas völlig anderes… das ist eine Frage des Gefühls der Wertschätzung – als Frau, nicht unbedingt nur als Autorin der Wikipedia… einen Mangel daran kann man durchaus als Form der Diskriminierung empfinden…

    Ob das objektiver Sexismus ist? Hier ist mein Blog… hier darf ich reden wie ich will – ohne belastbare Quellen anzubringen 😉

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  7. X.

    Ich kann J. nur zustimmen. Bin selber ein Mann, der den Ton bei Wikipedia als abschreckend empfindet. Natürlich mag diese Haltung unter Frauen verbreiteter sein als unter Männern, und mit ihnen als Zielgruppe hat man dann unter dem Motto „Frauensolidarität“ vielleicht weniger Streuverluste bei der Werbung für den eigenen Standpunkt. Aber generell halte ich nichts davon, überholte Rollenvorstellungen (Männer sind im Durchschnitt die schlaueren Menschen) durch bloße Umkehrung (Frauen sind im Durchschnitt die besseren Menschen und werden von vielen Männern gezielt diskriminiert) zu bekämpfen. Man vertieft so nur die Gräben, ist aber auch nicht besser als der Gegner.

    Gerade, wenn Frauen bei Wikipedia zahlenmäßig in der Minderheit sind, ist eine Koalition der Minderheit der Vernünftigen (nämlich derjenigen, die die Wikiquette ernst nehmen und z.B. auch gegenüber IPs einhalten) sicher der bessere Weg als das Klagen über angebliche geschlechtsbedingte Diskriminierung.

    (Im konkreten Fall der Aufnahme der grammatisch weiblichen Formen bin ich anderer Meinung als Du, aber ich glaube, es gibt auch eine Menge Frauen, die so wie ich denken. Ist also hoffentlich nicht der Ausdruck von antiquiertem Chauvi-Denken bei mir.)

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  8. Das größte Problem der Koalition der Vernüftigen ist meines Erachtens, dass die Stimme der Vernunft meistens eine leise und ruhige ist… und dann gerne auch mal untergeht.

    Ich bleibe tatsächlich dabei, dass es softwaretechnisch möglich ist, dass man Frauen als solche bezeichnet, ohne deswegen das generische Maskulinum zu töten… das hat nicht viel mit Solidarität, aber alles mit Respekt zu tun.

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  9. X.

    Mit dem Problem der Vernünftigen hast Du wohl recht. Zudem sind sie oft individualistischer, schwimmen nicht mit dem Mainstream und bilden deshalb seltener eine geschlossene (und damit auch einflussreiche) Gruppe.

    Ein weiteres Problem ist, dass sie meistens kompromissfähiger sind.
    „Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit.“ Marie von Ebner-Eschenbach

    Im Sinn von Kompromissfähigkeit (hoffentlich in diesem Fall nicht von Dummheit) schreib ich jetzt mal, dass ich bestimmt nicht für die Löschung des Lemmas Göttin plädieren würde. Aber auf fehlenden Respekt vor Frauen würde ich trotzdem bei keinem Löschbefürworter schließen.

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  10. Letztlich kann ich nur durch mein eigenes Handeln versuchen, die Diskussionskultur in meinem Umfeld zu verbessern… und wenns auch für die Katz ist.

    Ich auch nicht unbedingt… auf keinen Fall geht es um BEWUßTES Handeln… mir gehts wirklich um die Kleinigkeiten, den Tonfall… mal hier eine Ziege, mal dort ein schneller Feministin-Ruf, nur weil man etwas erklärt haben will.

    Dagegen gibt es beispielsweise seit gestern eine geschlechterneutrale Vorlage mehr… solche Dinge geben mir das Gefühl willkommen zu sein und auch wenn sich dadurch an den Kategorien oder so nichts ändert, fühlt es sich einfach besser an. Und darum gehts mir… nicht nur für Frauen.

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